Standpunkt: Ist die Politik nun auch fürs Eincremen verantwortlich?
6. August 2023 – Künftig soll an öffentlichen Badeplätzen kostenlos Sonnencreme zur Verfügung gestellt werden – so verlangt es die SP in einem Vorstoss. Auch Grüne-Nationalrätin Manuela Weichelt setzt sich für Gratis-Sonnencreme ein. In ihrem Polit-Blog auf zentralplus nimmt unsere Präsidentin zur aktuellen Debatte Stellung.
In Coronazeiten war es wichtig und richtig, dass überall Desinfektionsmittel zur Verfügung stand. Dass auch weiterhin nach Corona in öffentlichen Einrichtungen (beispielsweise in WC) Desinfektionsmittel gereicht wird, ist sinnvoll. Jetzt soll in Zukunft auch noch Sonnencreme gratis zur Verfügung stehen, um Luzernerinnen und Touristen vor der Sonne zu schützen. Die Sonnencreme soll auf der Ufschötti und zukünftig an weiteren öffentlichen Orten gratis abgegeben werden. So will es ein Vorstoss der SP nach holländischem Vorbild (zentralplus berichtete). Das erklärte Ziel: Die Bevölkerung vor UV-Strahlen und Hautkrebs zu schützen.
Bevölkerungsschutz ist durchaus ein Auftrag, in dem die Politik eine wichtige Rolle einnehmen muss. Sei es bei Pandemien oder Naturkatastrophen wie Hochwasser oder Unwetter. Doch offenbar will die SP Stadt Luzern, dass sich die Politik jetzt auch um Bauch, Beine und Haut eines jeden kümmert. Ist das wirklich Aufgabe der Politik?
Andere Massnahmen wären effektiver
Geht es nicht viel mehr darum, dass die Politik die Rahmenbedingungen und Grundlagen schafft, damit sich jeder und jede von uns vor den zukünftigen klimabedingten Hitzesommern schützen kann? Es braucht doch vielmehr Massnahmen wie Dach- und Fassadenbegrünungen, energetische Gebäudesanierungen sowie saubere Trinkwasserbrunnen mit Zugang für die Allgemeinheit. Ausserdem sollten öffentliche Aussenplätze und Orte zukünftig so geplant werden, dass genügend Schatten vorhanden ist.
Die Politik hat für das zu sorgen, was wir als Einzelpersonen nicht selbst umsetzen oder wo wir nicht eigenverantwortlich handeln können. Viel wichtiger als Sonnencremetuben ist deshalb die Aufklärung über Sonneneinstrahlung und deren Auswirkungen auf unsere Gesundheit. Hier kann die Politik ansetzen und nicht, indem sie Gratis-Sonnencreme abgibt.
Gratismassage durch den Stapi?
Zudem: was heisst denn hier schon gratis? Am Ende sind es die Steuerzahlenden, die diese Sonnencreme bezahlen müssen. Dieses Geld wäre doch in den oben genannten Massnahmen im Sommer besser investiert.
Kurzum: ich möchte mir weder die Diskussion über kostenlose Sonnencreme noch die über den richtigen Lichtschutzfaktor und -hersteller vorstellen. Wir befinden uns aktuell im Sommerloch, liebe Leserinnen und Leser; am Ende kommt es noch so weit, dass der Stadtpräsident einem persönlich den Rücken eincremen darf.
Dieser Blogbeitrag erschien am 4. August 2023 auf zentralplus.ch