Rück- und Ausblick der Mitte-Fraktion zum Jahreswechsel 2021/22
2. Januar 2022 – Ein Jahr ist schon wieder vorbei und unsere Fraktionschefin Mirjam Fries wirft einen Blick zurück.
Eigentlich möchten wir es nicht mehr lesen und hören: Das Jahr 2021 stand weltweit – und damit auch für die Stadt Luzern – im Zeichen von Corona. Doch dies ist nur eine Seite der Medaille, die aber verständlicherweise meistens obendrauf lag. Die andere, weniger offensichtliche Seite zeigt ein helleres Bild: Im Jahr 2021 haben wir gemeinsam ein «neues Normal» entwickelt und etabliert. Unser «Normal» ist kein ruhender Zustand. Ganz im Sinne von Heraklit gilt auch für uns: «Die einzige Konstante im Universum ist die Veränderung».
So dürfen wir, was den Ratsbetrieb in der Stadt Luzern generell betrifft positiv festhalten, dass wir weiterhin im Kantonsratssaal mit genügend Abstand und wechselnden Schutzkonzepten tagen konnten. Über eine längere Zeit leider ohne Pausen, so dass der persönliche Austausch zwischen den Fraktionen zu kurz kam. Es hat sich dabei gezeigt, wie wichtig die persönlichen Kontakte über die Parteigrenzen hinaus sind. Kompromisse entstehen nur durch persönlichen Austausch.
Inhaltlich gab es für die Mitte-Fraktion Ende Jahr ein Highlight. Das Parlament hat dem Wiedereintritt in den Verband Luzerner Gemeinden (VLG) zugestimmt. Die Mitte-Fraktion war im Jahr 2014 die einzige Fraktion, welche sich einstimmig gegen den Austritt aussprach. Seither haben wir uns für den Wiedereintritt stark gemacht. Wir sind überzeugt davon, dass die Stadt nicht abseitsstehen darf. Und auch hier gilt wie im Stadtparlament: Der persönliche Austausch führt definitiv zu einem besseren Verständnis. Der Wiedereintritt ist ein wichtiger Puzzlestein für ein besseres Verhältnis von Stadt und Land.
Ein weiteres Highlight im abgelaufenen Jahr ist die gewonnene Abstimmung zum Parkplatzreglement. Die Stadtbevölkerung hat dem konstruktiven Referendum zugestimmt, welches wir zusammen mit FDP, GLP und SVP ergriffen haben. Die Stadtbevölkerung hat die übertriebenen Verschärfungen der linken Ratshälfte abgelehnt. Aufgrund der knappen Machtverhältnisse im Parlament werden wir wohl zukünftig öfters ein Referendum ergreifen oder auch eine Initiative lancieren, um unsere Anliegen durchzubringen.
Als eine im Stadtteil Littau stark verwurzelte Partei haben wir nach ausführlicher Diskussion im Sommer beschlossen, bei der Cheerstrasse die Notbremse zu ziehen und einen Zwischen-Stopp einzulegen. Das Projekt wäre deutlich teurer geworden: Der Stadtrat beantragte dem Grossen Stadtrat einen zweiten Zusatzkredit. Statt der ursprünglich vorgesehenen rund 13.8 Millionen wurden neu 32.5 Millionen Franken veranschlagt. Dieser Betrag wäre in keinem Verhältnis mehr zum kurzen Strassenabschnitt gestanden. Die Mitte-Fraktion hat deshalb eine – erfreulicherweise von allen Parteien unterstützte – Motion eingereicht, welche einen Plan B für die Cheerstrasse fordert, d.h. eine Verkehrsentlastung und eine Aufwertung des Quartiers. Diese Motion wurde vor Weihnachten vom Stadtparlament überwiesen.
Das Projekt Velostation an der Reuss kommt im Februar 2022 vors Volk. Die Mitte-Fraktion anerkennt den hohen Bedarf an Veloparkplätzen in Bahnhofsnähe. Im Wissen um die hohen Kosten pro Parkplatz haben wir uns erfolgreich für Verbesserungen im Projekt eingesetzt. So wurde auf unsere Initiative eine Bewirtschaftung von rund der Hälfte aller Parkplätze in das Projekt aufgenommen. Ebenso wurde die Phase der kostenlosen Benutzung von ursprünglich zwei Jahren auf sechs Monate gekürzt. Ausserdem hat sich die Fraktion dafür eingesetzt, dass die neue Bahnhofstrasse in Zukunft auch tatsächlich frei von parkierten Velos bleibt. Die Parole wird von der Parteiversammlung gefasst werden, die Fraktion empfiehlt ein «Ja» im Sinne einer Investition in die Zukunft.
Ein gewichtiges Thema steht mit der städtischen Klima- und Energiestrategie an. Dass wir handeln müssen, das ist für die Mitte-Fraktion klar. Die Stadt soll eine Vorbildfunktion haben, trotzdem sind die Massnahmen der Stadt in einen grösseren Zusammenhang zu stellen. Der Bundesrat will bis 2050 eine klimaneutrale Schweiz. Das städtische Ziel (bis 2030) war bereits damals unrealistisch, als die entsprechenden Vorstösse vom Stadtparlament überwiesen wurden. Auch ein Zeitrahmen bis 2040 ist immer noch sehr ambitiös. Mit dem vorliegenden Bericht haben wir eine gute Auslegeordnung. Wir erachten das geplante Verbot von Verbrennungsmotoren in der Stadt bis 2040 ohne Abstimmung mit dem Kanton als kritisch. Auch die massive Reduktion der Parkplätze, insbesondere die Umsetzung der neuen Parkplatzreglemente auf bestehende private Liegenschaften, werden wir kaum so unterstützen. Die Stadtbevölkerung hat gerade ja gesagt zu einem gut austarierten Parkplatzkompromiss. Alles in allem gilt es, eine Vorlage zu erarbeiten, die von der Stadtbevölkerung mitgetragen wird.
Auch das Thema AirBnB wird uns im neuen Jahr beschäftigen. Es herrscht in der städtischen Politik weitestgehend Einigkeit darüber, dass es Regelungen und eine Beschränkung braucht. Eine Initiative von SP, Mieterverband und Casafair verlangt allerdings, dass Wohnungen künftig nur noch höchstens 90 Tage pro Jahr über Plattformen wie Airbnb vermietet werden dürfen, was zu einem Verbot von professionell vermieteten Ferienwohnungen führen würde. Das geht uns definitiv zu weit. Airbnb soll in der Stadt Luzern Teil des touristischen Angebotes sein. Der Stadtrat plant aktuell eine Deckelung auf maximal 2 % Ferienwohnungsanteil pro Quartier, was auch wir im Parlament unterstützt haben. Mit der Stadtratslösung kann eine Zunahme in den zentralen Gebieten ausgeschlossen werden. Durch die Initiative kommt das Thema nochmals aufs Tapet. Es wird in der kommenden Diskussion darum gehen, die «richtige» Quote zu definieren. Es braucht jetzt Limiten, damit wir nicht wie in anderen Tourismus-Destinationen ein Problem bekommen. Ein totales Verbot lehnen wir ab.
Mit der Vision Tourismus steht für die Mitte-Fraktion ein gewichtiges Thema an. Wir bekennen uns zu Luzern als Tourismusstadt und sind uns der volkswirtschaftlichen Bedeutung des Tourismus bewusst. Wir unterstützen eine Ausrichtung auf mehr Nachhaltigkeit und einen qualitativen Tourismus. Corona ist deshalb eine Chance für eine Neuorientierung. Wir sind aber der Meinung, dass die Stadt nicht alles regeln kann und soll.
Auch das neue Theater liegt uns am Herzen. Luzern braucht ein neues Theater, davon sind wir überzeugt. Wir haben den Kredit für den Architekturwettbewerb bewilligt und wir sind gespannt auf die Ergebnisse, welche gegen Ende 2022 präsentiert werden.
Weiterhin ein kritisches Auge werden wir auf das Stellenwachstum in der Verwaltung haben. Die Antwort auf unsere Interpellation im vergangenen Jahr hat aufgezeigt, dass wir in der aktuellen Legislaturperiode bereits 26.7 Vollzeitstellen geschaffen haben, das ist ein Plus von 2.4 Prozent. Als nächstes steht die Klima- und Energiestrategie mit 6.8 geforderten Stellen an. Dann sind wir bei 33.5 Stellen, einer Steigerung um 3 Prozent. Die Bevölkerung hingegen ist praktisch nicht gewachsen. Wir haben erfreulicherweise finanziell gute Jahre hinter uns und mit Franziska Bitzi eine umsichtige Finanzdirektion. Die Aussichten sind allerdings nicht mehr rosig. Es ist also höchste Zeit, bei den Personalkosten genau hinzuschauen und falls nötig zu handeln.
«Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen.»
Dieses Bonmot wird dem US-amerikanischen Schriftsteller Mark Twain, dem deutschen Komiker Karl Valentin, dem dänischen Physiker Niels Bohr und dem britischen Premierminister Winston Churchill zugeschrieben. Wer auch immer dieses in die Welt getragen hat: Es weist mit einem Augenzwickern darauf hin, in welch anspruchsvoller Zeit wir leben. Auch im neuen Jahr werden weitere nicht vorhersehbare Themen auf das politische Parkett der Stadt Luzern kommen. Was wir mit Sicherheit wissen: Als Mitte-Fraktion ist es unsere Aufgabe, pragmatische und mehrheitsfähige Lösungen zum Wohl der Luzerner Stadtbevölkerung zu finden.
Mirjam Fries, Fraktionschefin